Im Vorfeld hatten von uns ja einige wegen des angesagten schlechten Wetters abgesagt. Auf der Hinfahrt waren dann auch einige schneebedeckte Wiesen und Bäume zu sehen. In Göttingen selbst waren die Straßen morgens noch leicht feucht. Aber kurz vorm Start kam die Sonne raus und es konnte nahezu die komplette Tour auf trockenen Straßen gefahren werden. Auch die Temperaturen waren problemlos auszuhalten, wenn man sich richtig angezogen hat. Ich habe zu keinem Zeitpunkt gefroren, war aber auch nicht übermäßig dick eingepackt. Glatt war es bei den Bedingungen natürlich auch nicht. Unterwegs gab es zwei, drei Mal einen kurzen Schnee- bzw. Graupelschauer, die aber nur jeweils ein oder zwei Minuten anhielten. Nicht genug, um für nasse Straßen zu sorgen.
Organisatorisch war natürlich mal wieder alles top. Die Rekordteilnehmerzahl hat sich auch gleich bemerkbar gemacht. Kam ich in den letzten Jahren in eine einigermaßen gefüllte Sparkassen-Arena zur Anmeldung und zum Frühstück, waren in diesem Jahr die Tische bereits gut gefüllt. Nach einem kurzen Frühstück ging es auch gleich mal an den Starterbeutel, um zu sehen, was sie einem eingepackt haben. Neben ein wenig Altpapier, den Starternummern und dem T-Shirt (diesmal wieder in tragbarem schwarz gehalten statt des froschgrün von vor zwei Jahren) gab es statt der obligatorischen Getränkeflasche diesmal ein Kopftuch. Das traf sich gut. Ich habe noch keines und habe es dann auch gleich ausprobiert. Keine kalten Ohren und der Helm hat die Frisur auch nicht zerstört. Sehr gut. Ein wenig erschreckend war im Tourinfo-Faltblatt die Auflistung der Gefahrenpunkte auf der Strecke. Die erstreckte sich über 1 1/3 Seiten.
Der Start verlief dann auch reibungslos. Nur bei dem Gesabbel vorher leistete sich der Moderator einen Fauxpas, betitelte er das gerade laufende „Thunderstruck“ von AC/DC mit „Thunder“ (das Wort „Thunder“ wird am Anfang des Songs mehrfach wiederholt. Blasphemie! Neu beim Start waren Führungsfahrzeuge bzw. Begleitfahrer, die bis zum Start am Rossdorfer Kreisel nicht überholt werden durften. Das fand ich recht gut, so ging es nicht gleich im wilden Tumult mit Tempo 50 auf die Startlinie zu.
Baustellenbedingt wurde in diesem Jahr nicht durch Hannoversch Münden gefahren. Dafür gab es eine landschaftlich aus meiner Sicht viel schönere Strecke, die laut meinem Garmin aber auch gleich mal 200 Höhenmeter mehr einbrachte, was sich letztendlich auch auf meine Zeit auswirkte. Aber der Reihe nach. Leider fiel dadurch auch die Wand von Meensen aus der Tour.
Vom Start weg geht es die ersten 18 Kilometer bis hinter Deiderode eigentlich fast die ganze Zeit nur bergauf, was mir mal gar nicht liegt. Da habe ich gleich mal meinen Trainingsrückstand zu spüren bekommen. Außerdem ging ich gesundheitlich leicht angeschlagen – Männererkältung – ins Rennen (Ausreden, alles nur Ausreden!). Ne, im Ernst. Es hat sich leider keine Gruppe gefunden, die gut zusammen gearbeitet hat, so dass ich häufig auch im Wind landete. Beides zusammen hat ganz schön Kraft gekostet.
So kam es auch, dass mich Hellmuth mit einem lockeren Spruch auf den Lippen nach knapp 30 Kilometern überholte und mir anschließend davon fuhr. In der Form hätte er auch Kreise um mich fahren können. Ich bin immer erstaunt, wie er das macht. Vielleicht sollten wir seinen Rahmen mal auf versteckte Elektromotoren überprüfen. 🙂
Was ich ziemlich cool fand, war die Unterstützung der Zuschauer am Straßenrand. In den Orten, die standardmäßig auf der Strecke liegen, ist das kein Wunder. Aber auch die Begeisterung in den Orten auf der Ersatzroute stand dem in nichts nach.
Highlight der Ersatzroute war eine knapp fünf Kilometer lange Abfahrt, die mit einigen Spitzkehren größtenteils durch den Wald nach Hemeln führte. Leider konnte ich sie nicht richtig genießen, da ich mir direkt davor einen Müsliriegel aufgemacht hatte, den ich die ganze Zeit in der Hand hielt. Und da ich die Strecke nicht kannte, musste ich natürlich zweifach vorsichtig sein. Dort konnte man dann auch sehen, wie viel Aufwand in die Streckenabsicherung gesteckt wurde. Die Spitzkehren wurden deutlich vorher durch mehrere Schilder gekennzeichnet. In den Kurven war alles mit Strohballen ausgepolstert. Hinzu kamen Streckenposten, die teilweise mit einem Megaphon vor den Kurven warnten.
Nach der Abfahrt ging es natürlich wieder bergauf. Wie üblich kam ich kam ich schon ziemlich fertig in Dransfeld am Fuße des Hohen Hagen an und durfte mich dann auch noch da hoch quälen. Natürlich gab es wieder eine Bergsprintwertung, wobei das Wort „Sprint“ in meinem Fall keinerlei Bedeutung hat. Die Fotografen im oberen Teil holten extra für mich ihre Staffeleien heraus und haben die Bilder von mir gemalt. Genug Zeit hatten sie ja. Dummerweise habe ich im Vergleich zum Vorjahr sieben Sekunden verloren und benötigte 13:47 und landete auf Platz 1249 von 1308 gewerteten männlichen Teilnehmern. Und das, obwohl diesmal keine Sturzbäche auf der Straße den Berg hinunter flossen.
Oben angekommen nahm ich dann gerne das Angebot des Verpflegungspunkts an und stärkte mich kurz für die letzten 20 Kilometer. Dort konnte ich dann endlich mal meine Qualitäten ausspielen. Bei der Abfahrt selber bin ich natürlich vorsichtig gefahren, konnte aber trotzdem dort eine neue persönliche Bestzeit aufstellen. Kein Wunder, war ja zum ersten Mal alles trocken. Danach ging es aber über Jühnde bis Mariengarten die ganze Zeit wunderbar bergab, wo ich dann im wahrsten Sinne des Wortes mein ganzes Gewicht einsetzen konnte und mit nur wenigen Pedaltritten auf über 60 km/h beschleunigen konnte und den Rest des Weges mich einfach nur noch rollen lassen konnte. Unterwegs konnte ich dann noch einige Leute einholen, die wie die Weltmeister in die Pedale getreten haben. Es galt aber: Gewichtskraft statt Muskelkraft! Danach bildete sich dann auch eine kleine Gruppe, mit denen der Wechsel recht gut klappte und mit denen ich auf die Zielgeraden in Göttingen einbog. Dort ließ ich es mir nicht nehmen und zog zum Sprint an. Das hatte zwar nicht wirklich eine Auswirkung auf meine Zeit, aber meinem Ego tat es gut. Leider zog keiner mit.
Im Ziel gab es dann Pasta und Weizen und ich hielt Ausschau nach den anderen. Bei Christian, Rüdiger und Hellmuth wusste ich, dass sie vor mir ins Ziel gekommen sind. Bernd hatte ich vor dem Rennen nicht mehr gesehen, der musste aber auch vor mir ins Ziel gekommen sein. Also habe ich noch eine Weile auf Stefan gewartet. Der muss aber irgendwo auf der Strecke an mit vorbei gerockt sein, ohne dass ich es gemerkt habe. Gesehen habe ich jedenfalls niemanden mehr im Ziel. Schade.
Mit einer Zeit von 3:31:28 landete ich auf Platz 989 von 1482 gewerteten männlichen Teilnehmern.
Auch wenn mir die Tour d’Energie vom Profil überhaupt nicht liegt, macht es trotzdem Spaß sie zu fahren und ich bin im nächsten Jahr wieder dabei. Ist so eine Art Haßliebe!